Ständig stellt man eine Schieflage in der bildenden Kunst zu Lasten des Realismus fest, ohne sich die Mühe zu machen, über die Ursachen nachzudenken.

Generell beinhaltet der „erweiterte Kunstbegriff“ eine Entwertung. Ich sehe das noch drastischer: Diffamierung der bildenden Kunst.

Künstlerische Anschauungen und Haltungen werden minimiert durch Übertragen kommerzieller Inhalte und Formen in die Kunst, wovon ebenso Literatur und darstellende Kunst betroffen sind. Die bildende Kunst wird zur Dekoration degradiert.

Unter den Begriffen des Experimentes, des Projektes – bei der Suche nach Bezeichnungen für die gleiche Sache sind hier der Phantasie keine Grenzen gesetzt – soll der bildenden Kunst Prädikate wie „fortschrittlich“, „modern“, „zeitgemäß“ verliehen und damit der Kunst eine Entwicklung bescheinigt werden. Die daraus resultierenden Ergebnisse sind überwiegend Selbstzweck, Stagnation und Wiederholung.

Es wird selten darüber gesprochen, daß Experimente auf künstlerischem Gebiet, ohne jeglichen individuellen Bezug zu einer Tradition zu suchen, scheitern müssen. So finden gescheiterte Experimente der bildenden Kunst immer ihre Plätze in den Galerien und Ausstellungen.

Die Galerien sind voll von oberflächlichen Produkten einfacher, gefälliger Unverbindlichkeiten, die zudem noch reißenden Absatz finden.

Die Positionen des Realismus werden zudem ausgehöhlt durch Dinge, die unmittelbar zusammenhängen:
Der Bildbetrachter ist nicht mehr in der Lage auf Grund mangelnder und in Tendenz steigender Verkümmerung der Fähigkeit und auch des Willens (die Angebote realistischer Kunst verlangen nun mal eine Auseinandersetzung mittels Sinn und Verstand) seine angeborene ästhetische Sensibilität, seinen kulturellen Fundus zu aktivieren. Mit dem Begriff der Schnelllebigkeit der Zeit kann diese Verkümmerung und Hilflosigkeit erklärt werden. Der Betrachter wird mit einem verordneten Lifestyle-Begriff in seiner Oberflächlichkeit sogar bestätigt und in dieser noch bestärkt. Die Kommerzialisierung des Kunstmarktes hat ein Niveau erreicht, das es dem Realismus auf Grund der Notwendigkeit einer tiefen, ernsthaften inhaltlichen Auseinandersetzung schwer macht, sich zu behaupten.

Letztendlich erhalte ich auf die Frage, ob sich nun tatsächlich Zeitgefühl in der gegenwärtigen bildenden (ungegenständlichen) Kunst widerspiegelt, nur Schulterzucken, selbst in Beiträgen von Kunstwissenschaftlern entdecke ich Ratlosigkeit.